Freitag, 30. März 2012

Danke Karl May - du alter Gauner!

Was war ich verliebt in ihn. 
Winnetou, mit seiner langen schwarzen Mähne und der braungebrannten Haut. Über meinem Bett hing lange Zeit ein Poster von ihm. Ich habe ihm alles erzählt, was kleine Mädchen einem Indianerhäuptling eben so erzählen. 
Heimlich habe ich mir mit der Nagelschere in den Arm geritzt und das Blut auf das Poster getröppelt. (Anders ging das mit der Blutsbrüderschaft leider nicht.)
Über keine Witze konnte ich so laut lachen wie über die von Sam Hawkens. (Hierbei liegt die Betonung auf "konnte"!) Was habe ich geweint, als Nschotschi in den Armen von Old Shatterhand starb. 
Wie man richtig schießt, hat mir mein Vater schon sehr früh beigebracht. Außerdem lernte ich von ihm indianisch. Er war nämlich selbst im früheren Leben ein Indianer. Das jedenfalls erzählte er mir völlig ungerührt, als er mir fließend übersetzte, was sich die Apachen im Fernsehen am Lagerfeuer erzählten. (Die Kleinigkeit mit dem Untertitel hatte ich erst viel später verstanden.)  
Mit acht Jahren ging ich dann als Cowboy verkleidet zum Fasching. Meine Mutter hatte mir mit viel Mühe ein Indianerinnenkostüm genäht, doch ich verschmähte es und klebte mir stattdessen einen Schnurrbart auf. Ich war eben keine Squaw, wie konnte das meine Mutter nur glauben!? Ich war mittlerweile selbstverständlich Winnetous bester Freund Old Shatterhand! Das Indianerinnenkostüm trug dann meine Nachbarin. Ihr stand es sowieso viel besser. 
Die Bücher von Karl May habe ich verschlungen und wie verdutzt war ich, als ich später in unserem Stammbaum las, dass mein Ururopa Karl May hieß. Nun gut, leider hatte er mit dem Schriftsteller soviel zu tun, wie Old Shatterhand mit Butch Cassidy. Aber sei's drum. 
Aus mir ist dann doch noch eine Frau geworden, die ohne Schnurrbart und Cowboyhut aus dem Haus geht. Das Gewehr nehme ich aber ab und an mal ganz gern zur Hand. Vorzugsweise wenn es eine Flasche Prosecco für 10 Treffer in der Schießbude zu gewinnen gibt. 
Danke Karl May! Dafür, dass wir mit deinen Helden aufwachsen durften. Dafür, dass wir uns in der Prärie genauso gut zurecht finden wie im wilden Kurdistan. Dafür, dass wir wissen, wer ein Schurke und wer ein Guter ist. Danke für Winnetou, Old Shatterhand, Old Firehand, Old Surehand und Kara Ben Nemsi. Und natürlich auch danke für Sam Hawkens und Hatschi Halef Omar (Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah)! 

Zum 100. Todestag von Karl May 

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